7739km durch die Bundesstaaten Pará, Tocantins, Maranhão, Ceará, Piauí, Rio Grande do Norte, Paraíba und Pernambuco. | ||
Brasilien sollte es diesmal sein. Bei der Reisezielauswahl hat uns wie immer das Internet geholfen: die Google-Bildersuche liefert traumhafte Bilder von fest gewühlten Autos auf der Transamazonica. Das interessiert und viel mehr als ein weißer Palmenstrand. Prima, Entscheidung gefallen ! Über das Internet versuchen wir, einen Geländewagen zu mieten. Leider erweist sich das Vorhaben als gar nicht so einfach. Die großen, Internationalen Autovermietungen bieten keine Fahrzeuge mit Allradantrieb an und die kleinen Vermieter wollen nicht, dass wir mit Ihren Auto auf die Transamazonica fahren. Wozu ist denn wohl bitte ein Geländewagen da? Zum Angeben vor der Eisdiele? Schließlich finden wir im Internet ein kleines Guesthouse („Pousada“ auf Brasilianisch) mit Deutscher Leitung in Cumbuco. Cumbuco ist DAS Kitesurfer-Eldorado und liegt ca. 35km nördlich von Fortaleza. Der Betreiber des Guesthouses kann uns eine Autovermietung vermitteln, die nichts gegen die Transamazonica hat. Schnell ist der Toyota Hilux gemietet und ebenso schnell sind die Flugtickets im örtlichen Reisebüro organisiert. Die Condor fliegt 2x wöchentlich nach Salvador da Bahia und von da aus gibt es einen Anschlussflug mit der Brasilianischen GOL nach Fortaleza. Aus zeitgründen entscheiden wir uns für Santarém als Ziel unserer „Transamazonica-Ausfahrt“, hierfür haben wir insgesamt 15 Tage eingeplant. Danach wollen wir aus Kostengründen auf ein kleineres Auto umsteigen und die Küste bis Olinda herunterfahren. Mehr sollte in knapp 4 Wochen nicht zu stressfrei zumachen sein – in einem Land, so groß wie ein Kontinent... Wir arbeiten eine grobe Route aus und lesen natürlich viel über mögliche Ziele, Land und Leute. Und ja – es hat fast alles genauso geklappt, wie wir uns das gedacht haben. Aber lest selbst: |
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05.08.2012
Wir hatten uns ja bereits darauf eingestellt, dass es „früh" wird. Um 2 Uhr morgens klingelt der Wecker– das tut dann doch ein bisschen weh. Nach einem schnellen Kaffee und einer schnellen Dusche kommen auch schon Barbaras Eltern, die uns netterweise zu solch nachtschlafender Zeit zum Flughafen fahren. Ja, zum Flughafen. Keine Ahnung, wie ich es geschafft habe, Barbara zu überreden, in ein Fluzeug zu steigen. In gewohnter „BA Barraccus"-Manier (das ist der Dicke vom A-Team, der vor lauter Flugangst immer vorher betäubt werden muß) schießt Sie sich mit einer Tavor ins „Aus". In dem Buch, dass ich gerade lese wird sowas die „business-class des kleinen Mannes" genannt. Jetzt sitzen wir im Condor Ferienflieger nach Salvador da Bahia. Wir haben gerade Mauretanien und den Senegal hinter uns gelassen. Über St. Louis erkennen wir die Landzunge wieder, an der wir schon mal Kanu fahren waren. Momentan fliegen wir über den Atlantik – der Bordservice ist gut, die Bordunterhaltung ist kurzweilig. Beim Comedy-Bordradio habe ich allerdings den Anfang des Endlos-Loops nach relativ kurzer Zeit wieder erreicht und einmal stürzt das Entertainment-System ab und der Film wird von vorne gezeigt, obwohl er schon halb zu ende war. Barbara schlägt sich in Anbetracht Ihrer Flugangst gar nicht so schlecht ! In Salvador sind wir gut angekommen, wir stehen ca. eine Stunde Schlange am Einwanderungsschalter. Macht nichts – bis zu unserem Anschlussflug nach Fortaleza sind eh noch einige Stunden zu überbrücken und wir sind ja auch zum Entschleunigen hier.. Der Ankunftsbereich des Flughafens ist eher klein und während wir in der Schlange warten, krächzen ständig irgendwelche komplett unverständliche Ansagen durch das kaputte Lautsprechersystem. Wird wohl nichts wichtiges sein. Unser Gepäck wird leider nicht komplett bis zum Zielort abgefertigt – wir müssen also unsere Koffer vom Band nehmen. Bei Jochens Koffer fehlt der Koffergurt. Auf Nachfrage hebt der Flughafenmitarbeiter den Daumen. „Tudo bem ?!" Ja, na klar – alles Prima – war ja auch nicht so wichtig, der Gurt. Hoffentlich hält der marode, altersschwache Samsonite auch ohne. Wir finden eine Kofferabgabe und stellen fest, dass der Reiseführer nicht gelogen hat – hier spricht wirklich kaum einer Englisch. Naja – macht auch nichts – lernen wir halt Brasilianisch. Der Abflugbereich des Flughafens hat deutlich mehr zu bieten als der Ankunftsbereich – hier gibt es alles, was das Herz begehrt. Wir suchen uns eine Fastfoodkette mit Arabischen Spezialitäten aus. Hier waren sie wieder – unsere mangelnden Sprachkenntnisse. Jochen bestellt gackernd mein Huhn und ich bekomme Huhn. Tudo bem! Endlich können wir für den Anschlussflug bei der GOL einchecken. Das Personal ist nett, der Flug ist holperig und für Getränke muss man extra bezahlen. Schließlich ist auch die letzte Etappe geschafft und wir landen in Fortaleza. In der 29. Stunde unseres Wachseins werden wir von einem Taxifahrer abgeholt. Den Fahrer hat unser über das Internet gebuchte Guesthouse organisiert. Das klappt ja alles wie am Schnürchen. Die letzten 35km erleben wir buchstäblich „wie in Flug" und „wenige Minuten später" stehen wir vor der Tür des Guesthouses. Es ist mittlerweile mitten in der Nacht. Der „Housekeeper" ist aber noch wach und zeigt uns unser Zimmer. Wir haben gut gewählt: Top floor mit Ocean View. Eine Flasche Begrüßungs-Rotwein erwartet uns – beim Versuch, diese zu öffnen bricht allerdings der Korkenzieher ab. Egal – schlafen. |
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06.08.2012 Bis 11Uhr wollten wir schlafen – bis 9Uhr haben wir geschafft. Das ist in Deutscher Zeit immerhin bis 14 Uhr, dafür sind wir auch erst um „5Uhr morgens“ ins Bett gegangen. Frühstück gibt es im Guesthouse bis 10Uhr – das schaffen wir. Danach erstmal die Stadt erkunden. Cumbuco ist ein kleiner Ort, aber es gibt hier alles, was man so braucht: verschiedene kleine Geschäfte und Supermärkte, Kneipen und Restaurants und einen Geldautomaten, der EC Karten nimmt. Wir laufen eine Weile am weißen, feinsandigen Strand entlang, trinken diverse Colas und kaufen Flipflops die hier „Havaianas“ hießen und Shorts. Heute wird nochmal gechillt und akklimatisiert, denn morgen geht die Reise los. Wir gehen nochmal im badewannenwarmen Atlantik schwimmen und werden dabei beinahe von einem Kite erschlagen. |
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07.08.2012 Um 10Uhr steht der bestellte Toyota Hilux vor der Tür. Alles wie vereinbart, also kann es losgehen. Wir pappen unser Navi mit dem extra gekauften Brasilien-Kartenmaterial an die Windschutzscheibe und auf geht’s. Grobe Richtung: die BR230, auch als „Transamazonica“ bekannt. Wir wundern uns ein bisschen über die Abkürzungen, die das Navi kennt – ob es weiß, dass wir einen Geländewagen fahren? Der Straßenzustand schwankt zwischen gut, mäßig und „nicht benutzbar, besser neben der Straße fahren“. Die Punkte „mäßig“ und „neben der Straße fahren“ überwiegen zunächst. Die Landschaft würde ich als „trockensavannenartig“ bezeichnen – es gibt zwar Bewuchs mit Palmen und Laubbäumen – insgesamt ist aber alles sehr trocken und verdorrt. Wir passieren einen Gebirgskamm – hier weiter oben ist es deutlich grüner und bewachsener. Auf dem Weg laufen immer wieder frei laufende Ziegen und Schweine auf die Straße und metertiefe Schlaglöcher sorgen für beständig aufkommende Überraschungsmomente. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichen wir den Ort Piripiri. Nach einigem Gesuche finden wir ein kleines Hotel. Kategorie „basic“. Very „basic“ um genau zu sein. Aber was soll's – das Klo ist ok und schlafen kann man hier vielleicht auch (das Kopfende unseres Bettes und die Hauptstrasse trennen ca. 10cm Wandstärke). Wir machen uns auf in die nahe Stadtmitte. Dort gibt es eine Kirche und eine Pizzaria. Wir versuchen, mit Hilfe unseres „Kauderwelsch Brasilianisch“-Buches eine Pizza zu ordern. Wir bekommen eine kleine Pizza – geteilt in 2 Hälften für zwei Personen. Außerdem ist es die Falsche. Naja, nächstes Mal klappt es besser. („Schatz, Du sollst doch nicht immer in der Landessprache bestellen...“) Während wir jeder unsere halbe Kleinpizza verdrücken können wir nebenan die Kirchgänger durch die geöffnete Tür bei der Andacht beobachten. Sporadisch läuten die Glocken und übertönen den Straßenlärm. Die Gläubigen fangen an zu singen. Bei einem Spaziergang im Stadtpark entdeckt Barbara eine tote Vogelspinne. Na, das kann ja heiter werden heute Nacht: „Schaaaaatz, machst Du die Spinne weg?“ |
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08.08.2012 Die Nacht war ein eiskalt-/brüllendheisses-Mischerlebnis. Mit Klimaanlage an wären wir um ein Haar erfroren und ohne Klimaanlage beinahe zerlaufen. Egal, um 7 klingelt der Wecker – duschen, Frühstück, fertig. Wir gehen noch kurz die paar Meter in die Stadt, um unsere erste Spinne bei Tageslicht zu fotografieren. Die anwesenden Schulkinder im Stadtpark kriegen sich gar nicht wieder ein ob unseres Interesses an dem toten Insekt. Bei uns sind die halt kleiner... |
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Um Punkt 9 Uhr brummelt unser Diesel wieder fröhlich vor sich hin. Kurzer Tankstop und auf geht es. Die Strecke wird langsam „dschungeliger“ - große gerodete Flächen, die von weissen Zebu-Rindern beweidet werden lösen sich mit dicht bewaldeten Flächen (teilweise bis zum Horizont) ab. Mittags rasten wir an einem Truckstop – das Fleischgericht dort schmeckt, als sei die Kuh entweder schon länger tot oder an einer seltenen Krankheit verendet. Ich hoffe, unsere Mägen halten das aus. Der Straßenzustand ist recht gut - ca. 400km haben wir heute geschafft. Wir hätten ohne Zweifel 500km geschafft, hätte nicht unser Navi (nennen wir es „SönkeSönke“) andauernd versagt. Dank des Gerätes haben wir uns im Berufsverkehr von Teresina dermaßen verfranst, dass wir es beinahe aus dem Fenster geworfen hätten. Das Ding zeigt teilweise gar nicht und teilweise völlig falsch an. Warum verkaufen die bloß so ein „unfertiges“ Produkt? Sicher, Brasilien ist groß, aber wenn ich mir einen Autoatlas kaufen, dann sind doch auch alle Straßen drin? Die sollten das Produkt „Brasilien – 60%“ nennen – dann wären 59€ ein fairer Preis. Aber so... Drei Stunden sind wir mit unserem Schlachtschiff durch die schlecht beschilderten und überfüllten Straßen geirrt – links ein Mopedfahrer, rechts ein Mopedfahrer. Und SönkeSönke meint ständig: „Ihre Route wird neu berechnet...“ Unsere Brasilienkarte im Maßstab 100000:1 war da auch nicht wirklich eine Hilfe. Wir nutzen statt SönkeSönke jetzt das „Onkel-Navigations-Prinzip“. Das geht so: wir halten einfach vor einem Passanten an und ich sage „Barbara, fragt doch mal den Onkel“. Klappt soweit ganz gut - jetzt sind wir im Hotel „Saucic“ in Santa Ines – schwer zu finden, SönkeSönke kennt die Stadt mal wieder nicht und ein „Onkel“ von der örtlichen Tanke hat uns ein Mototaxi bestellt. Mototaxis gibt es überall in Brasilien. Ein Mototaxi ist ein Fahrer auf einem Moped und ein zweiter Helm. Das Mototaxi fährt voraus und geleitet uns zum Hotel. Einfach, aber sauber. Bis auf die ziemlich großen Ameisen in unserem Bett. In der Kneipe gegenüber gibt es wieder mal ein Fleischgericht und 600ml Longneck Brahmabier – da werden wir gut schlafen... |
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09.08.2012 Weiterfahrt nach Maraba. Hier wollen wir auf die Transamazonica stoßen. Die Fahrt ist unspektakulär, das Gelände links und rechts der Straße wird langsam grüner. Mitten im Nirgendwo überholt uns ein Google-Streetview-Auto. Schöne neue Welt! Wir finden ein prima Hotel direkt am Ortseingangs-Kreisverkehr mit Ausschilderung „Transamazonica“. Prima – da müssen wir morgen nicht mehr lange suchen |
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10.08.2012 Wir halten in Maraba an einem Supermarkt um uns mit Proviant einzudecken. Fast wie ein Deutscher Supermarkt – vielleicht ein klein wenig unaufgeräumter und deutlich kekslastiger. Als echte Innovation empfinden wir, das uns die Einkaufstüten eingepackt und ins Auto getragen werden – gegen ein kleines Trinkgeld natürlich. Und dann geht es los: vor uns liegt die BR230 – die Transamazonica. Abrupt wird die Asphaltstraße zur Piste. Der Zustand variiert stark. Das erste Stück ist schlecht und schüttelig, zwischen drin wird es mal besser, mal schlechter. Wir durchqueren tiefe Täler und überfahren steile Hügel, teilweise mit tiefen Furchen in der Fahrbahn. Die sind wohl bei nasser Piste entstanden – wir können uns gut vorstellen, wie sich so ein 30-Tonner den Berg „hoch wühlt“. Auch die Landschaft links und rechts der Fahrbahn variiert – teilweise sind grosse Flächen gerodet und mit Zebu-Rindern beweidet, teilweise kommt der Urwald bis an die Fahrbahn heran. Dort wo er bis an die Piste reicht, ist er braun vom Staub, den die Fahrzeuge aufwirbeln. Der Staub ist auch unser Hauptproblem. Natürlich kriecht der überall hin und das Auto ist innen wie außen mit einer dicken, rotbraunen Schicht überzogen. Das eigentliche Problem ist aber die Sicht: wenn wir auf einen dieser steilen Hügel fahren und vor uns ein LKW Staub aufwirbelt, dann ist die Sicht gleich null. Und der Abstand zwischen den Bäumen links und rechts der Straße ist teilweise recht eng. Oft kommt dann auch noch ein LKW von vorne – und das nicht gerade zimperlich – der muß ja Schwung holen, damit er der Berg hochkommt. Wie gesagt – das alles bei 5m Sicht – bei tief stehender Sonne erkennt man gerade mal, wo das eigene Auto anfängt. Abstand halten ist auch nicht immer gut, weil der nachfolgende LKW drängelt und ggf. überholt. |
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Und dann sind da die „Urwaldbaustellen“. Über Kilometer werden mit Pistenfräsmaschinen ganze Berge abgetragen und der Verkehr wird teilweise einspurig und über steilste provisorische Auf- und Abfahrten (teilw. geschätzte 50m Höhenunterschied) geleitet. Einspurig bedeutet aber nicht, dass da eine Ampel steht. Wenn ein LKW von vorne anprescht, dann muß man halt in die Rabatte. Und dicht neben der Rabatte geht es halt auch gerne mal 20m steil nach unten. Eigentlich wollten wir heute nach Altamira. Das Problem ist, das die Piste durch den Rio Xingu unterbrochen wird. Die Fähre über den Fluss fährt laut Reiseführer nicht nach Einbruch der Dunkelheit. Wir entscheiden uns also, im kleinen Dorf Anapu zu übernachten. Wir kommen im „Junior Hotel“ unter. (Doppelzimmer inkl. Frühstück 100Reais (ca. 40€), sauber, kein Sternestandard, aber ok). Die kleine Tochter des Chefs lernt gerade Englisch ! Wir besuchen das Dorfrestaurant auf eine Schlemmerplatte und schlafen gut. |
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11.08.2012 Santarém heißt das ambitionierte Etappenziel heute ! Barbara hat auf dem Weg zum Auto einen Brasilianer getroffen, der etwas Englisch konnte. „Piste bis Rurópolis“, sagt er. „Dann etwa 50km Teer und danach Asphalt bis Santarém. Was meinte der mit „Teer“ und wo genau ist der Unterschied zu „Asphalt“? Egal - man kann es an einem Tag schaffen, wenn man sich beeilt.“ Ok, wir wollen es wissen. Die Entfernungsangaben sind extrem widersprüchlich. Der Reiseführer sagt von Anapu bis Santarém sind es 886 km, die Brasilenkarte sagt 720 km und das SönkeSönke sagt knapp über 600km. Ja – wie denn nun? Wir brechen früh auf und nach einer teilweise mal wieder sehr schütteligen Piste erreichen wir um 9.30Uhr die Fähre über den Rio Xingu. Gut, das wir das gestern nicht mehr versucht haben – die Piste war nicht schön und die letzte Fähre fährt um 19 Uhr (kurz danach ist es hier stockdunkel). Von Altamira bis Rurópolis wechselt der Pistenzustand von sehr gut bis sehr schlecht und um 16.30Uhr erreichen wir Rurópolis. Noch 230km sagt der Reiseführer und „durchgehend Asphalt, auch in der Regenzeit befahrbar“ sagt der Reiseführer. Die Karte sagt 283km, SönkeSönke sagt 212km. Na, wir versuchen es mal. Und tatsächlich – wir verlassen Rurópolis auf einer asphaltierten Straße. Am Straßenrand parken LKWs, deren Fahrer zwischen den Lastwagen Ihre Gaskocher aufgebaut haben. Warum wollen die denn hier übernachten – ist doch Teerstrasse?? Schon nach wenigen Kilometern dann ist der Traum ausgeträumt. Was folgt, ist ein wahrer Albtraum einer Piste. Die steilen Hügelauffahrten sind größtenteils vom letzten Regen dermaßen in Mitleidenschaft gezogen worden, dass sich metertiefe Furchen quer zur Fahrbahn gebildet haben. Wir erreichen einen Hügel, an dem ein LKW mit beiden Vorderrädern in so einer Furche versunken ist. Am Fuß des Hügels steht ein anderer LKW quer. Vermutlich hat er versucht, Anlauf zu nehmen um den Hügel hinaufzufahren und im letzten Moment bemerkt, das oben einer feststeckt. Hinter der feststeckenden LKW steht auch noch ein Bus, der auch nicht weiter kommt. Etwas ratlos stehen wir am Fuße dieses „Knäuls“ bis wir bemerken, dass sich „hügelabwärts“ ein Geländewagen an den quer stehenden Maschinen vorbei schlängelt. Als er vorbei ist, versuchen wir das selbe „hügelaufwärts“. Dicht an den LKWs vorbei und neben uns die weg gespülte Piste und 20m Abgrund. Klappt aber... Was dann folgt, empfinden wir als die „schlimmste Piste der Welt“. Ist sie vermutlich nicht, aber nach 10 Stunden Schüttelei sehnen wir uns einfach nach einem winzigem Stück Asphalt. Und tatsächlich – im allerletzten Dämmerlicht erreichen wir die Straße. Die letzten ca. 150km nach Santarém sind tatsächlich asphaltiert. Leider ist es mittlerweile stockdunkel – trotzdem sind wir hochkonzentriert. Aus den Urwald links uns rechts der Straße dringt ein Heidenlärm – Vögel, Frösche, Grillen und weiß der Schinder was da noch so alles kreucht und fleucht geben Ihr Nachtkonzert. Nach ca. 12 Stunden aufreibender Fahrt und bei absoluter Dunkelheit begrüßt uns dann mit einem lauten „Rumms“ das erste Schlagloch von Santarém. Wir finden ein vom Reiseführer empfohlenes Hotel. Leider ist es komplett belegt – das kann doch nicht sein? Der Mann von der Rezeption schickt uns eine Straßenecke weiter. Dort liegt es – das „Barudada Tropical Hotel“. Von außen sieht es aus wie das beste Hotel der Stadt. Ob wir uns das leisten können? Scheinbar findet im Ballsaal gerade eine Hochzeit statt – es fahren Limousinen vor und Hochzeitsgäste in Anzug und Abendkleid steigen aus. Dazwischen wir – total verdreckt und überzogen mit einer rotbraunen Pistenpatina. Egal – der Preis ist gar nicht so übel: 105 Reais (ca. 42€) inkl. Frühstück kostet die Nacht im Doppelzimmer. Flatscreen, Klimanlage und Internet inbegriffen. Da kann man wirklich nicht meckern ! Wir ziehen uns schnell um und machen uns ausgehfein. Das Essen im Hotelrestaurant fanden wir jetzt nicht sooo überragend – Barbaras Huhn und Jochens Fisch wurden in der selben Tomatensoße ertränkt. Naja – kühles Pils dazu, dann passt das schon. |
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12.08.2012 Heute wollen wir Belterra und Fordlândia besuchen. In den 1920er Jahren hat hier der Amerikanische Autofabrikant Henry Ford versucht, auf ca. 1 Million Hektar Kautschuk anzubauen um von Britischen Kautschukimporten unabhängig zu werden. Für seine Arbeiter hat er die Dörfer Fordlândia (was für ein Namne) und Belterra errichten lassen. Dort stehen heute noch die alten Holzhäuser im US-Amerikanischem Stil. In Belterra sind die Häuser bewohnt und Fordlândia ist inzwischen eine verfallene Geisterstadt mitten im Urwald. Belterra finden wir schnell – es liegt direkt an der Straße nach Rurópolis – ca. 35km südlich von Santarém. Wir fragen uns nach dem „historischem“ Zentrum durch und ein netter Opi ist so erfreut, das wir aus Deutschland kommen, dass er mit uns mitkommen will und uns die Stadt zeigen möchte. Wir laden Ihn also in unser Auto ein und er zeigt uns das „historische“ Zentrum. Wo das genau ist, muss er unterwegs allerdings selber erfragen. Wir finden die historischen Häuser jetzt nicht sooo spektakulär – sie sehen eigentlich aus, wie alle anderen Häuser auch. Teilweise sind sie vielleicht etwas liebevoller in Schuss gehalten und noch etwas bunter. Wir fotografieren einen alten Hydranten aus den 1930er Jahren und verabschieden uns von dem wirklich sehr netten Opi. (Anmerkung: keiner, den wir getroffen haben, wollte für so eine Hilfestellung auch nur einen einigen Real haben). |
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Leider gelingt es uns nicht, Fordlândia zu finden. Laut Reisefüher 70 km südlich von Santarém. Wir fragen Anwohner, Busfahrer, Nationalpark-Ranger. An unserer Aussprache kann es nicht liegen – wir zeigen auf das geschriebene Wort im Reiseführer. Jeder fragt bei mindestens einer weiteren Person nach und schlussendlich kratzen sich alle nur am Kopf. Das kann doch nicht sein – wie können Eine Million Hektar Kautschukplantage einfach so verschwinden? Leider ist unser Tank „kurz vor leer“ und wir müssen die Suche abbrechen und nach Santarém zurückkehren. Auf dem Weg sehen wir eine überfahrene Schlange – Roadkill ! |
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Unser Reiseführer – an dem wir aufgrund der fehlerhaften Streckenangaben momentan ein wenig zweifeln – empfiehlt uns eine Dschungellodge. Die soll inmitten des Urwalds auf dem Weg nach Alter do Chão liegen (das ist DER Badeort hier in der Gegend). Auja, mitten im Dschungel klingt prima – da wollen wir 2 Nächte verbringen. Die Lodge soll eine Deutsche Leitung haben, da können wir uns vielleicht auch schlau machen – vielleicht wissen die, wo Fordlândia liegt. Der Weg nach Alter do Chão zweigt von der Straße zum Flughafen ab. Der Reisefüher sagt, bei Kilometer 24 auf dieser Straße liegt die Einfahrt zur Lodge. Wir fahren, fahren und fahren und finden: nichts ! Langsam aber sicher kommt in uns ein leichtes Frustgefühl hoch. Oder sind wir versehentlich ins falsche Santarém abgebogen? Wir fahren nach Alter do Chão. Wir fahren durch Alter do Chão. Wir fahren wieder zurück. Keine Chance – die Lodge ist weg. Dort, wo die Einfahrt hätte sein müssen, finden wir ein kleines Fischrestaurant inmitten eines Palmenwäldchens. Dort spricht mal wieder keiner Englisch, aber wir finden einen netten Franzosen. „Die haben vor 5 Jahren zugemacht“, sagt er „mais C'est etait un place tres jolies !“. Na super ! Irgendwie ist heute nicht unser Tag. Was nun? Wir entscheiden uns für den örtlichen Zoologischen Garten, der bezeichnenderweise „Zoo Fit“ heißt. Der Eingang ist über eine dermaßen kleine und kaputte Strasse zu erreichen und so missverständlich geschildert (oder wir sind zu blöd, kann auch sein), dass wir uns zunächst erst mal auf irgendwelchen Hinterhöfen verfahren. Schließlich passieren wir das Eingangsportal – keiner hier. Wir fahren an einem Leopardenkäfig vorbei – kein Mensch zu sehen. Hätten wir am Eingang parken sollen? Ist das ein Fußweg und sollen wir hier überhaupt sein, mit unserem Auto? Schließlich fahren wir an einer kleinen Baracke vorbei. Überall in den Bäumen sitzen bunte Aras und machen einen Heidenlärm. Ein Zoomitarbeiter bietet sich an, uns herumzuführen. Ein nicht uninteressanter Rundgang – die Tiere – inklusive der Leoparden sind überwiegend handzahm. Als einer der Leoparden den Zoomenschen sieht, kommt er angelaufen, lässt sich kraulen und beginnt zu schnurren. Verglichen mit dem Schnurren unserer Katzen ist es allerdings eher ein SCHNURREN. Die Aras sind ebenfalls zutraulich, ein besonders schöner, blauer liebt es offenbar, sich den Hals kraulen zu lassen. Und als wir mit dem Zoo fertig sind, sitzt auf dem Schild an der Ausfahrt ein Ara und breitet die Flügel aus. „Ciao“ sagt Jochen durchs geöffnete Autofenster. „Ciao“ entgegnet der Papagei. |
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Verblüfft und beeindruckt schauen wir uns an. DAS hat dem ansonsten so erfolglosen Tag die entscheidende Wendung gegeben. Am Abend machen wir uns zu Fuß zur Promenade am Flussufer auf. |
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Hier liegen viele dieser kleinen, mehrstöckigen Amazonasdampfer die in die Dörfer und Städte flussaufwärts fahren. An Bord haben diese Schiffe viele Hängematten aufgespannt für die oft mehrtägige Fahrt. Am Strandpier essen wir eine viel zu massige Pizza während wir den Sonnenuntergang genießen und um uns herum langsam das Leben erwacht. Zunächst: in kürze finden in Brasilien Wahlen statt. Schon in den Städten und Dörfern auf dem Weg hierher sind uns die vielen, mit riesigen Lautsprechern bestückten PKWs aufgefallen die jeweils mit einem eigens für die jeweilige Partei geschriebenen Song in einer irren Lautstärke für Ihre Partei werben. Die Straße ist bevölkert mit diesen Lautsprecherwagen – sogar Fahrräder sehen wir, die in einem kleinen Anhänger riesige Boxen hinter sich her ziehen. Alle spielen Ihr eigenes Lied. Teilweise laufen 50 Leute mit den Flaggen Ihrer Partei hinter den Lautsprecherwagen her. Und dann kommt der Lärm auch noch vom Fluss: der Dampfer der amtierenden Bürgermeisterin fährt vorbei – an Bord eine gigantische Leinwand, auf der ihr Promo-Video läuft (Liste 13, die Bürgermeisterin mit Herz) und eine Batterie Lautsprecher, die auf das Ufer gerichtet sind. Die Straßenlaternen ziehen hunderte von Insekten an, die Ihrerseits sofort von hunderten von Fledermäusen im Flug weggeschnappt werden. Und in diese ganze Szenerie mischen sich Spaziergänger, Jongleure und Zuckerwatteverkäufer. Bizarr, unglaublich laut aber großartig. |
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13.08.2012 Einen Bootsausflug zum „Lago Maicá“ wollen wir heute machen. Der „Lago Maicá“ ist ein Labyrinth aus Kanälen und Flußlagunen, sagt unser Buch. Wir haben gestern herausgefunden, das Boote ab morgens um 8 Uhr direkt am hölzernen Hafenpier verchartert werden. Also: früh aufgestanden und pünktlich um 8Uhr stehen wir auf der Matte. Der erste Kapitän steht auch schon parat. 10Reais (ca. 4€) möchte er pro Person für eine Stunde Fahrtzeit. Das Problem: damit es sich für Ihn lohnt, ist die Mindest-Passagierzahl 4 Personen. Wir entschließen uns, das doppelte zu zahlen. Für die Fahrt zum Lago veranschlagen wir 4 Stunden, also werden wir 160 Reais (also 32€ pro Person) los. Das ist es uns wert - dafür haben wir ein eigenes Boot. Der Kapitän hat offenbar nicht mit so frühen Gästen gerechnet – er muss erst mal das Wasser aus seiner Nussschale schöpfen. Als wir ablegen, geht es zunächst in die andere Richtung: mitten auf dem Fluss schwimmt eine komplette Tankstelle mit allem Drum & Dran – inkl. Minimart. 5 Liter tankt er in einen kleinen Kanister – mehr wird der kleine Rührstab, der das Boot antreiben soll wohl nicht benötigen. |
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Dann geht es los – vorbei an den Hafenanlagen von Santarém bis wir irgendwann rechts ('Tschuldigung: Steuerbord) abbiegen in den Lago. Auch hier ist es wunderschön – es erinnert irgendwie an das Donaudelta mit den vielen kleinen schwimmenden Grasinseln, den verfallenen Fischerhütten, den grünen Ufern und den vielen Reihern. Die Flussdelphine, die es hier gibt, sehen wir leider nicht. Egal – die sind eh viel hässlicher als die normalen Delphine. Dafür aber viele kleine Papageien, die – aufgeschreckt vom Lärm des „Rührquirls“ unseres Bootes - schimpfend von Baum zu Baum flattern. Ökotourismus ist das hier nicht, bei dem Krach. |
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Auf dem Rückweg sehen wir dann noch das „Aufeinandertreffen der Wasser“. Absolut irre: wo das braune Wasser des Amazonas und das kristallklare Wasser des Rio Tapajós aufeinander treffen, vermischen sich die beiden Flüsse über mehrere Kilometer nicht. Das bedeutet, das mitten im Fluss eine relativ scharf abgegrenzte Linie zwischen blau und braun zu sehen ist – teilweise gibt es direkt an dieser Linie eine kleine, brodelnde Welle, die auf der Stelle zu stehen scheint. Das hat sich auf jeden Fall mal wieder gelohnt, heute. |
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Jetzt ist es Mittag – und wir wollen unbedingt nochmal den Regenwald von innen ansehen. Es gibt ein kleines Reisebüro schräg gegenüber vom Bootspier. Die Frau dort im Büro spricht zwar auch nur Portugiesisch, ist aber super nett und hilfsbereit. Wir rufen auf Ihrem Computer „Google Translate“ auf und können uns so mit Ihr „unterhalten“. Und dann passiert das unglaubliche: Nein, sie selbst würden spontan keine solchen Touren anbieten. Aber sie hat eine Idee. Eine Minute später hat sie einen Englischsprachigen Guide am Telefon. Super! Sie gibt uns noch die Adresse der Nationalparkverwaltung IBAMA – am anderen Ende des Hafens. Ohne eine Genehmigung der IBAMA kommt man nämlich nicht rein in den Nationalpark. Super – alles geklärt – den Guide wollen wir um 15 Uhr zu einem „Vorgespräch“ im Hotel treffen. Leider ist der Fußweg zur IBAMA weiter als gedacht - besonders in der unglaublichen Mittagshitze und Barbara besteht darauf, dass wir uns eine Mütze auf dem nahen Markt kaufen. Als wir bei der IBAMA ankommen, ist der, der die Genehmigungen unterschreibt gerade zum Mittag. Na toll. Wir nehmen ein Taxi zum Hotel, verklickern der Frau an der Rezeption (mal wieder per „Google Translate“), dass um 15Uhr Besuch für uns kommt und sie uns auf dem Zimmer anrufen möge. |
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So klappt es mit der Kommunikation: Google Translate ! | ||
Um kurz nach drei steht der Guide in der Hotellobby. Ein sehr netter Mensch, Englischlehrer, Mitte 40 und er spricht wirklich fließend Englisch. Sowas ist hier schwer zu finden. Er fragt uns nach unseren Tourwünschen – wir könnten alles machen, auch mehrtägige Exkursionen mit Übernachtung im Dschungel. Wir entscheiden, dass ein Tag fürs erste ausreicht. Wir fahren mit zu Ihm nach Hause, dann seine Kinder in die Schule, dann zu einen Supermarkt, um Proviant zu kaufen: Wasser, Bananen, Käse und Brot. Auch bei der IBAMA halten wir nochmal kurz an – mittlerweile hat der Chef dort seine Mittagspause beendet und wir bekommen innerhalb einer halben Stunde unsere Genehmigung. Morgens um 7 Uhr wollen wir aufbrechen, also gehen wir heute mal etwas früher ins Bett. Wir setzen den Guide beim Hotel ab, auf dem Rückweg zeigt er uns noch ein kleines Fischrestaurant. Sehr versteckt in einer Seitenstrasse, die von einer Seitenstrasse abzweigt. So etwas hätten wir von alleine niemals gefunden und natürlich wird das am Abend gleich ausprobiert: die „Pechada do Kim“ - wirklich ausgezeichnet und reichlich der Fisch. Jetzt aber schnell ins Bett, um 5 Uhr soll der Wecker klingeln. |
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14.08.2012 Um kurz nach 7 Uhr kommt – wie bestellt - unser Guide. Er hat eine leere Styroporkiste dabei. Wir starten und halten noch kurz an einer Eisverkäuferei an, um die Kiste zur Getränkekühlung mit Eis voll zufüllen. Jetzt geht es los – erst mal Richtung Rurópolis, kurz hinter Belterra zweigt eine kleine Teerstraße ab. Nach einigen Kilometern zweigt davon dann links ein Feldweg ab und relativ schnell sind wir auf einer Piste. Wir passieren mehrere kleine Dörfer. Die Bewohner der kleinen Hütten leben überwiegend von der Kautschukgewinnung. Sie fertigen alle möglichen Produkte (Schuhe, Taschen) aus Naturgummi an und verkaufen diese Produkte auch. |
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Nach einigen Kilometern gelangen wir an den Posten, der den Eingang zum Nationalpark bewacht und zeigen unsere Genehmigung vor. Im nächsten Dorf nach der Schranke stößt ein lokaler Guide mit einer Machete zu uns und zusammen gehen wir in den Urwald. Es gibt unglaublich viel zu sehen hier. Unterschiedlichste Arten von Ameisen – einige davon Fleischfresser. Es gibt Ameisen, die bauen gigantische Nester in Bäumen, andere bauen Ihre Städte in der Erde. Wir sehen Blattschneidearmeisen und eine Art, die der Guide „Regenameisen“ nennt. Deren Nester hängen an Bäumen und wenn man mit einen Stock ganz leicht von außen dagegen tippt, dann prasselt es, als würde es regnen. Wir sehen riesige, knallblaue Schmetterlinge und Spinnen, die in gewaltigen Kolonien wohnen. Wir sehen Kolibrinester und Affenschädel. Und alles ist unglaublich grün und die Luft ist voller Geräusche. Anstrengend wird es so um die Mittagszeit. Wir müssen einen ca. 140m hohen Hügel heraufkraxeln – das raubt uns fast die Luft – untrainiert wie wir sind. |
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Nach ca. 3 Stunden Fußwanderung gehen wir zurück ins Dorf und der „local Guide“ führt uns zu einem kleinen, dunkeln, unterwasser stehenden Wäldchen. Dort liegen zwei Kanus am Ufer. In eines davon steigen wir ein und paddeln durch diesen unwirklichen, fast verwunschenen Wald. |
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Vor unserem Kanu schwimmt eine kleine, rote Schlange vorbei. Plötzlich wird der „Geisterwald“ etwas lichter und wir erreichen ein Stück überfluteten Uferwald. Hier gibt es plötzlich mitten im Wald eine Brandung – der Rio Tapajós ist nicht mehr weit. Das Kanu hat mächtig Schwierigkeiten, gegen die Brandung des mächtigen Flusses anzukommen. Der Fluss ist so hier breit, dass man das andere Ufer nicht sehen kann. Und der Rio Tapajós ist nur ein Zufluss des Amazonas. Wahnsinn. Wir gelangen an eine kleine Sandbank: ein einsamer, feinsandiger Strand mitten im Dschungel. Klasse! Wir gehen uns erst mal im badewannenwarmen Fluss abkühlen. Ein Einheimischer mit einer kleinen Boa Constrictor um den Hals ankert mit seinem Boot. Wir dürfen das Tier auch mal halten. Prima Foto ! |
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Wir paddeln zurück zum Dorf. Während der Fahrt versorgt uns unser Guide mit vielen Hintergrundinformationen zu Land und Leuten. Wie es um die Wirtschaft steht, wer bei der anstehenden Wahl alles antritt, usw. Er erzählt zum Beispiel, das die Menschen hier sich hier früher auf dem Dachboden ihrer Hütten eine Ananconda gehalten haben, die dann die Ratten und Fledermäuse weg gefressen hat. Das Problem – die Schlangen wurden irgendwann zu groß und zu schwer und sind dann teilweise durch die Zimmerdecken gebrochen. Wenn die Bewohner Glück hatten, wurden Sie dann nicht gefressen. Er selbst hat auch gerade ein Fledermausproblem in seinem Obergeschoss - das Hauptproblem dabei sind die Exkremente der Tiere. Viele Hütten hier haben Netze um die Dächer gespannt gegen die ungebetenen Untermieter. Anancondas gibt es hier überall (gesehen haben wir allerdings bisher leider keine), sogar in den Grünflächen der Stadt. Der Guide erzählt uns von einer Feuerwehraktion, die hier vor kurzem stattgefunden hat – da musste so ein 6m Teil aus einem Vorgarten entfernt werden. Insgesamt war es ein sehr lohnenswerter Tag mit unvergesslichen Erlebnissen. Morgen werden wir zu Belohnung mal etwas länger schlafen! |
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15.08.2012 Gesagt, getan. Bis um 8Uhr haben wir heute „ausgeschlafen“. Den Vormittag haben wir damit verbracht, unser Reisetagebuch zu vervollständigen und wir haben so wichtige Dinge getan wie die geänderten Abflugzeiten/Flugnummern der GOL beim Reisebüro zu erfragen, bei dem wir unsere Flugtickets gekauft haben. Außerdem haben wir unseren „Zweitmietwagen“ angefragt. Bei Rückkehr nach Cumbuco wollen wir planungsgemäß auf ein kleineres Fahrzeug umsteigen – eine Geländewagenmiete kostet ein mehrfaches einer normalen PKW-Miete und für die Küste ist kein Geländefahrzeug mehr erforderlich. Mittags brechen wir auf, um uns den Wasserfall und das Wasserkraftwerk bei Curua-Una anzusehen. Ca. 60km nach Südosten geht es auf einer Asphaltstraße bis zu einem Kontrollposten. Gegen Angabe unseres Nummernschildes und unserer Namen wird die über die Straße gespannte Kette für uns geöffnet. Wir finden wie immer den Weg zum Wasserfall nicht – wie auch – es stellt sich heraus, dass ein ein kleiner, unscheinbarer Dschungelpfad ist. Aber schon nach ca. 150m Fußmarsch hören wir ein Rauschen. Wasserfall, naja – eher eine größere Stromschnelle. Aber – wir wollen nicht meckern, genießen den Augenblick und klettern die Felsen zum Wasserfällchen hinunter. |
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Danach besichtigen wir noch den Staudamm – auch da haben wir schon gewaltigere gesehen – und machen uns auf den Rückweg nach Santarém. Mittlerweile ist es 16 Uhr – wir fahren noch mal kurz ins örtliche Einkaufszentrum und erstehen ein Ladegerät für Barbaras Handy. Das vorhandene Ladegerät kommt leider nicht mit der 110V-Spannung klar. Das gekaufte Gerät hat nur einen einzigen Haken: die Pins der Stromanschlüsse sind so kurz, dass sie nicht in die Steckdosen unseres Hotelzimmers passen. Naja – wenigstens ist das Teil universell und hat gleichzeitig einen Zigarettenanzünder-Anschluß. Irgendwas ist ja immer... |
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16.08.2012 Auch heute lassen wir den Tag ruhiger angehen. Wir wollen nach Ausschlafen und ausgiebigem Frühstück nach Alter do Chão . Nebenbei - das Brasilianische Hotelfrühstück: wir haben mittlerweile den Vorteil dieser riesigen Pastetchen und Küchlein-Auswahl entdeckt. Brötchen schmieren und Käse drauf – wie langweilig. Hier werden schon fertig belegte kleine Brötchen, Pasteten mit Wurst- und Hackfleischfüllungen, winzige Mini-Pizzas und vieles mehr angeboten. Dazu 5kg fertig geschnittenes und mundgerecht zubereitetes Obst, 3l frisch gepressten Obstsaftes von Früchten, deren Namen wir noch nie gehört haben und der Tag kann beginnen. Wie dem auch sei, den Weg nach Alter do Chão kennen wir ja bereits - er ist kurz, aber wir bestreiten ihn - wie immer – in der Mittagshitze. Für 3 Reais lassen wir uns zu einer kleinen Badeinsel im Fluss herüberrudern – dort gibt es neben allerfeinstem Sand auch Sonnenschirme und Fressbuden. Es ist angenehm wenig los, da Wochentag ist. Wir gönnen uns ein kühles Getränk, ich bekomme einen Sonnenbrand und wir machen schöne Fotos. Die Badeinsel ist schon sehr schön, einen Tag am Strand, würden wir vielleicht aushalten... naja, Jochen vielleicht einen halben. |
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Auf den „Strandausflug“ folgt ein Großeinkauf im Supermarkt für die Fahrt am folgenden Tag – nach 5 Tagen Santarém sollen wir ja schließlich wieder auf die Piste. Anschließend: Päuschen im Hotel, danach fahren wir mit dem Taxi in die Stadt. Wieder direkt an den Pier, wo abends der Bär tobt. Wir gehen in das teuerste Restaurant, das vom Reiseführer empfohlen wurde. Das Essen ist ok, aber mal wieder keine Offenbarung. Essenstechnisch konnte uns Brasilien bisher nur mit Fisch und Frühstück überzeugen. Fleisch ist hier in der Regel „sehr durchgebraten“ und wird den „Standardbeilagen“ Reis, Manjokmehl und Bohnen in Soße serviert. Wenn wir ein Steak mal „Englisch“ bestellen, dann ist es total versalzen. Und das im Land der Zeburinder... Nach dem Essen machen wir einen Spaziergang und entdecken ein ziemlich großes Festival, veranstaltet von der Bezirkspräfektur: die Regionen und Dörfer der Umgebung stellen ihre Spezialitäten vor und es treten verschiedene Musik- und Tanzgruppen auf. Es ist sehr viel los, wir schieben uns durch die Menschenmassen und sind fast ein wenig enttäuscht, dass wir schon gegessen haben, weil aus den verschiedenen kleinen Stohbuden die leckersten Düfte durch die Luft wabern. Fasziniert schauen uns die Darbietung einer Gruppe an, die den Brasilianischen Kampftanzes Capoeira aufführt und fahren zurück ins Hotel. Wir müssen schließlich früh raus. |
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17.08.2012 Endlich wieder Piste... Wir haben es ja so gewollt. Das angestrebte Ziel ist Altamira. Die ersten 160 km Asphalt sind schnell geschafft, dann beginnt die Rüttelei. Teilweise „Rennpiste“, teilweise mieseste Schüttelpiste. Wir kämpfen uns – wie wir finden recht tapfer - bis Altamira durch und sind schon um 16Uhr da. Wir überlegen hin und her – wie lange haben wir letztes mal für das Teilstück Anapu-Altamira gebraucht? Waren es zwei Stunden? Waren es 3 Stunden? Wir rechnen - wir haben noch 3 Stunden, dazwischen ist die Fähre...wenn die gerade erst abgelegt hat, dann kann es sein, dass wir eine Stunde warten müssen. Hätte, könnte, würde - wir beschließen, es zu wagen und fahren weiter. Jochen bekommt seinen üblichen „warum-um-alles-in-der-Welt-stellen-die-hier-keine-Schilder-auf??“-Stadt-Ausraster. Das mit der Ausschilderung hier bereitet uns wirklich Probleme: es ist kaum etwas ausgeschildert. Nichtmal Einbahnstrassen ! Und nichtmal die allerwichtigsten Touristenattraktionen. Und wenn man in eine Stadt hineinfährt und einen einen Kreisverkehr gerät, dann darf man in der Regel raten, welcher Abzweig die Umgehungsstrasse ist. Meistens verlieren wir dieses Ratespiel und erwischen natürlich den Abzweig, der uns in den Stau und das Verkehrschaos der Innenstadt führt. So auch dieses mal. Nach Besuch der „Innenstadt“ inkl. Verkehrschaos und nach einem kurzen Tankstopp geht es wieder auf die Piste. Wir haben überhaupt keine Lust, Piste im Dunkeln zu fahren, weil wir fest damit rechnen uns dann maximal mit 20km/h vorwärts zu bewegen. Wir haben Glück: die Piste ist zwar schäbig, aber wir erwischen die Fähre so, dass wir praktisch direkt draufrollen können und der Ponton dann auch direkt ablegt. Die ganze Überfahrt kostet uns exakt 8min. Die Dämmerung bricht ein – jetzt aber fix. Womit wir nicht gerechnet haben: es wird kühler und über der Piste bildet sich ein tief liegender Nebel. Per se ja nicht so dramatisch ist – allerdings stellt sich ein verblüffender Effekt ein: wenn sich der Nebel und die riesige Staubwolke eines der ständig vorbei donnernden LKWs vermischen, dann bleibt der Staub minutenlang in der Luft stehen. Das führt zu absoluter Null-Sicht – wir erkennen kaum die eigenen Scheibenwischer. Keine Sicht, Piste mit Löchern und Abgrund, LKWs, dazwischen wir. Vollbremsung, Warnblinker an, warten und hoffen, dass uns keine Roadtrain den Arsch abfährt. Vorsichtig weiterfahren, Vollbremsung, usw. Wir schwitzen Blut und Wasser. Die letzten 15 km Piste vor Anapu sind „Rennpiste“, also absolut glatt gezogener fester Sand, man hat das Gefühl, man fährt auf Asphalt. Es ist zwar stockduster, aber wir schaffen es. Das „Junior Hotel“ kennen wir ja schon – das erspart uns die Suche. Der Junge an der Rezeption vepasst uns eine kurze Schreckminute – „Todos os quartos estão ocupados“ - und winkt abwehrend mit den Händen – kein Zimmer frei??? Mist - genau das, was man nach 12 Stunden Schüttelpiste braucht....wir schlurfen mit hängenden Schultern zum Auto zurück, lassen und in die Sitze fallen und wollen weinen. Da kommt der Junge angelaufen, weil ihm eingefallen ist, dass er doch noch ein letztes Zimmer frei hat. Ufff!. Wir essen im gleichen Restaurant bzw. Imbissbude wie beim letzten mal. Die Mädels dort freuen sich, uns wieder zu sehen und wir bekommen wieder die gleichen Fleischlappen mit Cola. |
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18.08.2012 Nur 350km müssen wir heute schaffen, noch sind wir ganz optimistisch. Wir starten früh in den Tag. Nach einem doch eher kargen Frühstück geht es wieder auf die Piste. Die ersten hundert Kilometer sind ganz ok. Auf bereits fertiggestellten Asphaltstücken - so zwischen 2 und 5 km Länge - und auf meist recht gut geschobener Baustellenpiste geht es einigermaßen erschütterungsfrei voran. Doch dann folgen 200km übelste Schüttelpiste. Nach 100 km ist Barbara etwas zermürbt, nach 150km reif für die Klapse. Dieses ständige Geschüttel! Und dann diese Toyota Gurte. Die ziehen sich immer fester, je mehr es schüttelt und zurren uns buchstäblich an den Sitzen fest. Jochen ist recht frohen Mutes, auf dem Fahrersitz ist das Geschüttel besser zu ertragen. Wir schaffen es um 15 Uhr in Marabá zu sein und nehmen das erste Hotel, das uns vor die Flinte kommt. Jochen verfällt in einen Tiefschlaf, Barbara liest das Internet durch und Abend gehen wir in eine Straßenrestaurant und stellen fest, dass wir in einem Schwulencafe gelandet sind und Barbara – neben der Köchin – die einzige Frau ist. Das Essen ist nicht schlecht. |
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19.08.2012 Von Maraba geht es weiter Richtung Fortaleza. Wir sind recht entspannt, wir haben ja schließlich noch drei Tage Zeit um anzukommen. Barbara merkt erste Anzeichen dessen, dass das Essen gestern im Schwulencafe wohl doch nicht so gut war. Leichte Bauchschmerzen stellen sich ein. Nach anfänglich unproblematischer Fahrt stoßen wir – mal wieder - auf einen Abschnitt übelster Piste und da wir keine Ahnung haben, wie viel der in unserer Brasilienkarte als „Haupttrasse“ rot und dick markierten Straße Piste ist, werde ich nervös. Zum Glück haben wir unser Auto noch nicht gewaschen. Die Piste ist – mal wieder – das übelste, was wir bisher hatten. Eine glatte 100 auf der nach oben hin offenen Schlechtepisten-Skala. Vermutlich würden wir ohne Piste deutlich besser voran kommen. Zum Glück ist der Abschnitt nur wenige Kilometer lang und wir atmen auf, als wir auf eine Brücke gelangen und dahinter der Asphalt wieder beginnt. Ein neuer Bundesstaat. Offenbar ein reicherer Bundestaat, die Straße ist hervorragend. Dann fängt unser SönkeSönke wieder an, uns zu ärgern. Laut Navi verlassen wir die BR 230 irgendwo im Nirgendwo und fahren auf Straßen, die nicht existieren. Vor Estreito versagt auch unsere Brasilienkarte und erweist sich als äußerst ungenau. Kilometerangaben stimmen nicht, Abzweigungen existieren nicht, teilweise sind die Beschriftungen der Straßen falsch. Das ist schon ziemlich ärgerlich. Um Estreito herum halten wir uns mehr oder weniger an die Himmelsrichtungen und finden so den richtigen Weg. Die Straße Richtung Teresina führt durch ein Indio-Gebiet. Bevor wir das Reservat erreichen denke ich noch: oh, Wolken ziehen auf, das sieht nach Regen aus. Jochen sagt: ganz schön diesig hier... Wir stellen erschrocken fest, dass im gesamten Indio-Reservat brandgerodet wird wie Teufel. Überall Buschbrände, wenn man an ihnen vorbei fährt, spürt man die enorme Hitze sogar im Auto. Und das mit geschlossenen Scheiben und Klimaanlage! Wir verstehen nicht ganz, warum - es ist sowieso alles völlig trocken und trostlos. Viehhaltung sehen wir auch keine...also warum? Ich stelle die Vermutung an, dass den Indios einfach zu warm ist und sie die Sonne ausschalten wollen. Die hat tatsächlich keine Chance durch den Dunst zu scheinen. Dazu kreisen Geier über dem verbrannten Busch. Akopalütze Now... Wir passieren mehrere Indiodörfer. In diesen Dörfern haben die Indios an mindestens 50 Stellen „Wegelagerer“ postiert, die Schnüre über die Straße spannen, um die PKWs und LKWs zum Anhalten zu zwingen und sie anzubetteln. Jochen quatscht die armen Indios solange auf Platt an, bis sie erschrocken die Schnüre fallen lassen und uns passieren lassen. Hätten wir allen Geld gegeben, wäre unsere Reisekasse leer gewesen... Wir schaffen es vor Einbruch der Dämmerung nach Barra do Corda und suchen ein Hotel. Nach anfänglicher, unergiebiger Suche in der kleinen belebten City finden wir ein Klitsche am Stadtrand. Marke klein und nicht fein, aber es gibt ein Bett und Klimaanlage. Zu Essen bekommen wir nichts, es ist Sonntag und das angeschlossene Restaurant hat zu. Auf Empfehlung des Hotelbesitzers fahren wir in eine Churrascaria (=traditionelles Grillrestaurant, hier gibt es auch „Rodizio“) einer Fernfahrerabsteige an der rottigen Hautstraße. Das Essen ist mäßig und hier wird nach Gewicht bezahlt. Ich ahne schon, das uns das nicht gut tun wird..... |
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20.8.2012 Das gestrige Abendessen tut seine Wirkung. Ich futtere eine Packung Kohletabletten zum Frühstück. Bei Jochen kündigt sich auch erstes Bauchgrimmen an. Bevor wir losfahren, statten wir noch der benachbarten Autowäscherei einen Besuch ab. Der ehemals silberne Toyota hat komplett die rote Farbe der Piste angenommen – innen wie außen. Alles ist voll mit rotem Pistenstaub. Der muss natürlich weg – in Kürze müssen wir das Auto schließlich wieder abgeben und wir wollen doch so gerne unsere Kaution wieder haben. Ca. 1,5 Stunden hocken wir auf einem Bänkchen und sehen zu, wie mindestens 7 verschiedene Jungs unser Auto einseifen, abspülen, polieren, wienern und sogar mit einem Pinselchen den Staub aus den Armaturen entfernen. Die Reifen werden mit Reifenfarbe veredelt und als uns der Autowaschanlagen-Besitzer stolz das Ergebnis präsentiert sind wir tief beeindruckt. Die Kiste sieht aus wie neu! Wir machen und auf den Weg. Bei Jochen schlägt die Churrascaria von gestern jetzt so richtig durch. „Oh, oh“ höre ich ihn sagen und sehe erste Schweißtropfen auf seiner Stirn. Er hält sich krampfhaft den Bauch. „Schnell, such eine Stelle, wo wir das Zelt aufbauen können!! Schnell!!!!“ Ich rase aus dem Dorf hinaus, durch das wir gerade fahren und halte mit quietschenden Reifen am Straßenrand der dicht befahrenen Straße. Kein Busch weit und breit, links und rechts der Straße ein Zaun, dahinter Zeburinder. Jetzt ist es Zeit für unser mitgebrachtes „Urwaldklo“: Popup-Zelt aus dem Koffer, „Plupp“ sagt es, und es steht. Klappklo raus, Jochen ab ins Zelt. Super! „Proof-of-concept“ nennt man das wohl. Dummerweise weht ein starker Wind und ich muss das Zelt halten, damit es nicht weg weht. Das wäre ein Anblick. Jochen mit blankem Hintern am Straßenrand auf einem Klapphocker.... Danach geht es Jochen wieder gut. Ich halte mich an meine selbst verordnete Nulldiät und meine Bauch beruhigt sich. Jochen hingegen geht es wieder so gut, dass er eine Packung Waffeln und zwei Tüten Chips verschlingt. „Wegen der Proteine“. Soso. Ca. 200km vor Teresina in einer kleinen Stadt, in der es eigentlich einen Abzweig direkt nach Teresina geben sollte, ist dieser aber natürlich wieder nicht ausgeschildert. Wir fahren wir die Hauptstraße 3x rauf und 3x runter um den richtigen Weg zu finden. Wir versuchen an einer Tankstelle Informationen einzuholen. Ein Mann dort erklärt uns mit Händen, Füßen und Portugiesisch, dass der direkte Weg nach Teresina überwiegend Piste ist und meint, wir sollten besser auf der Asphaltstraße nach Norden fahren und dann nach Osten schwenken, die Straße sei asphaltiert. Ein „kleiner Umweg“ von so bummelig 140km. Wir entscheiden uns gegen die Piste und für den Umweg: es dauert vermutlich genauso lange und schließlich ist das Auto gerade so schön sauber. Jetzt verstehen wir auch, warum wir auf dem Hinweg in Teresina die direkte Straße nach Marabá nicht gefunden haben und uns unser Navi immer wieder verzweifelt aufgefordert hat umzukehren und auf irgendwelche Pisten einzuschwenken und durch irgendwelche Favelas zu fahren und wir ihm einfach nicht geglaubt haben.... Die Straße ist gut und wir kommen gut voran. 450Km vor Fortaleza finden wir eine nette kleine saubere Pousada am Rand eines kleinen Dorfes. |
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21.08.2012 Heute müssen wir Cumbuco erreichen, denn morgen tauschen wir die Autos. Sollte eigentlich gut machbar sein. Zum Frühstück gibt es Ei, Steak, ein Brötchen und einen Cuscus-Klops... Der Geschmack bleibt uns den ganzen Tag erhalten. Die Fahrt verläuft unspektakulär bis 100km vor Cumbuco. Dort wird die Straße extrem schlecht. Das hatten wir gar nicht mehr in Erinnerung. Die Schlaglöcher in der Straße sind metertief und wir kommen noch schlechter voran als auf schlechter Piste. Am späten Nachmittag erreichen wir Cumbuco, tanken artig den Hilux wieder auf und erreichen glücklich das Guesthause. Dort ist alles beim alten. Hübsche Zimmer und wunderbare Brise vom Meer. Am Abend fange ich sogar an zu frieren und muss mir einen Pulli überziehen. Wir gehen Abends im Ort lecker und teuer Essen, Jochen bekommt sein Steak sogar blutig. Wir sind müde und gehen früh zu Bett. Die Zimmer sind sehr offen gestaltet. Alle Zimmer haben gemeinsame Terrassen und Balkone. Es gibt – wegen der Wärme - keine Scheiben in den Fenstern und Türen. Stattdessen gibt es große Lamellen, die den Wind durch lassen um die Zimmer angenehm kühl zu halten. Der Nachteil: es ist entsprechend hellhörig. Die Norweger von Nebenan machen es sich auf dem gemeinsamen Balkon direkt vor unserem Zimmer gemütlich und feiern eine kleine Party. Es hört sich an, als würde die Party direkt neben unserem Bett stattfinden... |
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22.08.2012 Der Autovermietungs-Mensch steht überpünktlich um kurz vor 9 Uhr auf der Matte. Zum Glück waren wir schon im Ort Geld holen, um den Hilux in bar auszulösen. Er hat keine Beanstandungen und ist sichtlich erstaunt über die vielen, vielen Zusatzkilometer, die wir mit dem Hilux gemacht haben und nimmt unser Bündel Geld entgegen. Angesichts des großen Bündels können wir auf den kleinen Fiat, auf den wir jetzt umsteigen einen ordentlichen Rabatt verhandeln. Die Kiste ist eine richtige Seifenkiste. Hat zwar Klimaanlage, aber kein Radio. Absolute Grundausstattung ohne das geringste kleine Extra. Es fährt halt. „Ich will meinen Hilux zurück“ jammert Jochen, als wir mit der Asphaltblase über die Straße jukeln und jedes kleine Schlagloch direkt in der Wirbelsäule zu spüren ist.... Die Kiste hat keinen Zigarettenanzünder,- wie sollen wir das Navi laden? Jochen überlegt und hält mit quietschenden Reifen. Aus seiner Zauberkiste zaubert er einen 12V-Verteiler, den wir mit Heftpflaster direkt an die Bordelektrik anklemmen und schon ist das Problem gelöst. McGyver-Lösungen sind oft die besten ! Wir fahren nur 200km, Ziel ist „kaputtes Kanu“. „Canoa Quebrada“ heißt eigentlich übersetzt „zebrochenes Boot“, weil hier 1620 vor der Küste eine Galeone zerschellt ist. Der ehemalige Hippie-Treff ist einer der bekanntesten Strände Brasiliens. Wir finden in dem kleinen, pittoresken Örtchen eine schöne Pousada. Hier sind wir die einzigen Gäste und haben die Lobby und die Küche für uns. Erstmal baden. Der Strand ist beeindruckend. Feinsandig, von Klippen umrandet und so weitläufig, dass er ziemlich leer erscheint. Wir baden sogar zweimal und gehen dann in die Stadt. Auf dem sogenannten „Broadway“ gibt es viele kleine bunte Lädchen, unzählige Restaurants und Händler. Wir gehen gleich zweimal Essen (wir waren ja schließlich auch zweimal baden – haben also doppelt Hunger): einmal Krabbenplatte in einem Restaurant und einmal Bananen-Schoko-Crepes mit Eis in einem anderen Restaurant. Ganz schön teuer hier, aber sehr hübsch. |
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23.08.2012 Wir überlegen hin und her ob wir noch einen Tag hier bleiben wollen oder lieber weiter fahren. Jochen als absoluter nicht-Strand-Gänger überlässt mir die Entscheidung. Wir entschließen uns weiterzufahren bis nach „Praia de Pipa“, weil es dort lt. Reiseführer Delphine geben soll. Die Strecke führt teilweise über eine zweispurige Autobahn, allerdings liegt das vorgeschriebene Geschwindigkeitslimit bei 60km. Und alle 200m steht eine Blitzampel. „Fiscalização eletrônica“. Toll ! Da gibt die Straße es schon mal her, und wir dürfen nicht... Trotzdem schaffen wir die ca. 450 km relativ zügig und kommen am Nachmittag in „Pipa“ an. Der Ort hat eine ähnlich belebte Innenstadt wie „kaputtes Kanu“. Es gibt auch hier viele, viele Bars, Restaurants und Souvenierlädchen. Wir lassen und von einem „Kopfgeldjäger“ bereitwillig in eines der teuersten Hotels des Örtchens einweisen und bekommen ein Zimmer mit Meerblick. Wir stürmen natürlich sofort an den Strand (direkt vorm Hotel). Im festen Glauben, dass sich hier hinter jedem Riff Horden von Delphinen tummeln. Natürlich sehen wir keinen einzigen |
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24.08.2012 Am frühen Morgen (da sind die bestimmt aktiv...) versuchen wir nochmal unser Glück mit den Delphinen und finden keine. Wir beschließen, nun doch die Strecke nach Olinda auf uns zu nehmen. Es sind ja nur noch ca. 220 km. Am frühen Nachmittag landen wir dann auch in Olinda. Unser Navi ist hier ausnahmsweise mal einigermaßen genau und auch die Beschreibung im Reiseführer ist hier mal relativ präzise. So finden wir den Standort der angepriesenen Pousadas problemlos nach nur einer Stunde umher irren. Es ist eine gemütliche Unterkunft direkt an der Altstadt. Nach kurzer Siesta unternehmen wir die vom Reiseführer empfohlene Wanderung durch die wirklich sehr schöne, Altstadt und schießen haufenweise Fotos. Abends besuchen wir ein Restaurant mit Livemusik. |
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Die Skyline von Recife - von Olinda aus gesehen | ||
25.08.2012 Leider ist es Zeit zum umkehren. Am 29. fliegen wir ja schon wieder und bis Cumbuco sind es ja noch einige Kilometer. Und bevor die Arbeit wieder beginnt, wollen wir auch noch ein bisschen „chillen“. Wir beschließen, in einem Rutsch nach „Kaputtes Kanu“ zu fahren und uns dort nochmal für 3 Nächte in diese nette, kleine Pousada einzumieten. Wir kommen bei Einbruch der Dunkelheit dort an. Diesmal ist es deutlich voller. Es ist Wochenende. Man bedauert, dass „unser“ Zimmer (mit „Oceanview“) belegt ist. Die nette Wirtin gibt uns das letzte freie Zimmer. Es liegt zwar an der Straßenseite, aber Lärm ist hier sowieso immer und überall von allen Seiten. Daran haben wir uns gewöhnt. |
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26.08.2012 Strandtag, baden, lesen, chillen |
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27.08.2012 Heute unternehmen wir eine Buggy-Tour. Was für ein Spaß. Wir rasen am Strand entlang, die steilen Dünen hoch und wieder runter. Und das auf dem Heck des Buggys sitzend - alles ohne Helm und Sicherheitsgurt. Ob diese Art Vergnügen wohl von Deutschen Behörden genehmigt werden würde? Vor der höchsten Düne liegt ein kleiner (Regenwasser-)See. Auf der Düne hat man ein Seil befestigt. Barbara wagt die Fahrt mit der Seilbahn und verschwindet bis zum Bauchnabel im See. Herrlich, bei diesen Temperaturen... |
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28.08.2012 Letzte Etappe: zurück nach Cumbuco. Gegen Mittag kommen wir an und geben unseren Fiat zurück. Die Rückflugzeiten unseres Inlandsfluges nach Salvador haben sich geändert, leider ist unser Flug weder auf der Internetseite der GOL noch auf der Abflug-Infoseite der „ifraero.gov.br“ gelistet. Toll. Jochen ruft die „Hotline“ der GOL an. „Drücken Sie 2 für Englisch“ Nun gut, wenigstens das. „Drücken Sie 1 für Ticketverkauf, drücken Sie 2 für Informationen rund um Ihren Flug“. Also „2“ gedrückt. „Alle Informationen finden Sie auf unserer Internetseite. Auf Wiederhören!“ Klick. Tut, Tut, Tut, Tut Prima – genau wie in Deutschland ! Jochen ruft nochmal an. Kostet mit dem Deutschen Handy auch nur 2,49€ die Minute. Diesmal drückt er die „1“ für Ticketverkauf. GOL: „Geben Sie mir bitte Ihren „locator reservation code“ Jochen: „So etwas haben wir nicht. Wir haben den Flug in Deutschland in einem Deutschen Reisebüro gebucht. Ich habe eine Deutsche Buchungsnummer“ GOL: „Geben Sie mir bitte diese Buchungsnummer“ Jochen gibt die Buchungsnummer GOL:“Was soll das? Ich habe Sie nach einem locator-code gefragt und Sie geben mir diese komische Nummer...“ Jochen: „werden Sie mal nicht pampig. Suchen Sie doch mal nach dem Namen...“ GOL: „Ich habe hier keine Flugreservierung“ Jochen: „Toll – und wie kommen wir nach hause?“ GOL: „Moment – ich spreche mit meinem Supervisor“ Es folgen 4 Minuten Wartemusik (= 9,96€) GOL: „Jetzt habe ich Ihre Buchung gefunden. Ihre neue Flugnummer ist XYZ. Sie fliegen morgen früh um 4.40 Uhr !“ Weldniwo! Wir bestellen also ein Taxi nach Fortaleza für 2.15Uhr. Wir sollen morgen um ca. 6.20 Uhr in Salvador ankommen und unser Flug nach Frankfurt geht erst am späten Abend. Dann können wir uns ja noch die Stadt ansehen. Am besten wir gehen schon mal schlafen. Klappt natürlich nicht, denn es ist erst 19 Uhr. Wir schlafen irgendwie die ganze Nacht nicht... |
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29.08.2012 Der bestellte Taxifahrer ist 15 Minuten zu früh. Barbara versucht, unsere Kulturtasche im überfüllten Koffer zu verstauen und wirft sich mit Anlauf auf den Kofferdeckel. „Knack“ sagt der Hartschalenkoffer. Mit vereinten Kräften gelingt es uns aber dann doch, den Koffer zu schließen. Jetzt aber schnell, das Taxi wartet. Ach so – Kameras, Handtasche, der Rest Bargeld – alles im Koffer. Wir rechnen damit, dass wir den Koffer in Salvador wieder entgegennehmen müssen – war ja auf dem Hinflug auch so.Also, warum sollen wir den Kram schleppen. Nachdem wir unsere Koffer beim Check-in auf das Band gestellt haben, sehen wir mit Schrecken, dass auf den Banderolen „HAM“ wie Hamburg steht. Suuuuper. Zum Glück hat Jochen die Kreditkarten und etwas „Restgeld“ in der Tasche. Langsam macht sich Hunger breit – Frühstück gab es im Guesthouse um 2Uhr morgens leider nicht. Die Stewardess schiebt einen Sandwichwagen vor sich her. Umsonst gibt es hier gar nichts - zwei pappige Käse-Schinkensandwiches kosten 30 Reais. Egal – die nehmen wir. Jochen reicht einen 50 Reais-Schein (ca. 20€). „Tut mir leid, wir können nicht wechseln“, sagt die GOL -Stewardess. „Ok“, staunt Jochen „aber Sie nehmen doch Kreditkarten?“ „Ja, aber nur Brasilianische – die anderen haben wir schon mal probiert – die funktionieren nicht...“ Die Stewardess holt Ihre private Handtasche aus einem der Gepäckfächer und sucht nach Kleingeld. Dann klopft Sie an die Cockpit-Tür. Scheinbar kann der Pilot auch nicht wechseln. „Es tut mir leid“, sagt Sie und nimmt uns unsere Sandwiches wieder weg. Hätten wir mal bloß schon abgebissen... Jochen ist kurz davor, einen „gefährlichen Eingriff in der Luftverkehr“ zu wagen. Als wir in Salvador aussteigen, sind wir so ziemlich die letzten, die aussteigen. Gleich hinter uns kommt die Crew. Unsere Stewardess guckt gaaanz schnell woanders hin. So – und jetzt? Handtasche, Kamera, usw. sind ja quasi schon unterwegs nach Hamburg. Müde sind wir. Und hungrig. Wir beschließen, uns den Stadtrundgang zu schenken und rufen uns ein Taxi. „Das nächstgelegene Hotel bitte !“. Nach 20 Minuten Fahrt (nächstgelegenes Hotel?) erreichen wir ein prima Hotel. Wir verhandeln den Preis deutlich nach unten – schließlich bleiben wir ja nur einen halben Tag. Außerdem nehmen wir das Frühstück vom nächsten Tag im Voraus. Vielleicht etwas unkonventionell, aber die nette Frau an der Rezeption hat wohl unsere kleinen Augen gesehen... Einigermaßen ausgeruht lassen wir uns am Abend wieder zum Flughafen fahren. Vorher noch kurz in die Drogerie – unser Deo verlangt dringend nach einer Auffrischung und da war ja die Sache mit dem Kulturbeutel im Koffer. Sogar Barbara – vermutlich weil sie noch immer nicht so ganz aufgewacht ist – scheint beim Abflug den Blick auf die Lichter Salvadors zu genießen. Fast ohne Flugangst. Der Rückflug mit der Condor von Salvador nach Frankfurt verläuft – bis auf die Enge der Economy-Klasse – sehr angenehm. Der Service ist freundlich und zuvorkommend – kein Vergleich zur GOL. Schade – der Urlaub ist zuende. Auf Wiedersehen, Brasilien – wir haben uns hier sehr wohlgefühlt ! |
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